Die Gründung der Absamer Schützengesellschaft (heute Schützengilde Absam) ging auf Initiative des Benefiziaten Michael Fischler zurück. Dieser war gebürtiger Absamer, hatte 1843 die Priesterweihe erhalten und war 1850 Benefiziat in Absam geworden. Noch im selben Jahr versammelte er mit Jakob Krüse, Martin Steinlechner, Josef Laimgruber, Anton Holzmann, Severin Schindl, Franz Laimgruber, Alois Sagmeister und Josef Holzhammer mehrere Mitstreiter um sich, die die Gründung einer Schützengesellschaft und den Bau eines Schießstandes betreiben sollten.
Die Gesellschaft wurde schließlich 1851 gegründet und der Schießstand in den Jahren 1851-1853 beim Johannesweg im nördlichen Ortsgebiet gebaut. Bei der Eröffnung am 27. September 1853 wurde ein Kaisergabenschießen zu Ehren Kaiser Franz Josefs abgehalten. Die Einweihung fand am 02. Oktober 1853 statt, wobei Pfarrer Johann Schmid den Festzug unter Begleitung der Musik durchs Dorf führte.
Am 24. Oktober 1886 wurde die erste Fahne der Schützengilde geweiht. Fahnenpatin war die Ebnerwirtin Benedikta Prantl. Diese Fahne wurde 1924 der damals neu gegründeten Speckbacher Schützenkompanie überlassen.
Das Tiroler Schießstandwesen
Tirol hatte durch Jahrhunderte eine besondere Wehrverfassung, die sich insbesondere auf das von Kaiser Maximilian I. im Jahre 1511 erlassene, sogenannte Landlibell stütze. Eine der Bestimmungen war, dass die Tiroler nur zur Verteidigung ihres Landes aufgerufen waren und auf keinem Kriegsschauplatz außerhalb des Landes eingesetzt werden durften. In welcher mannschaftlichen Stärke die Tiroler im Kriegsfall aufgeboten werden sollten, war durch die sogenannten Zuzugsordnungen geregelt. Ursprünglich bestand die Bewaffnung aus Langspießen („Langspießer“), Hellebarden („Hellebardiere“), Musketen („Musketiere“) und Hackenbüchsen („Hackenschützen“). Mit der Änderung der Kriegstechnik und dem Vordringen der Feuerwaffen blieben schließlich nur mehr diese übrig. Zur Ausbildung und ständigen Übung gab es im ganzen Land Schießstände. 1738 erließ Kaiser Karl VI. erstmals eine „Ordnung für die gesamten Schießstände in Tirol„. Danach sollte in jedem Gericht mindestens ein Schießstand sein. Diese Ordnung hat zur Verbreitung des Scheibenschießens und des Schützenwesens wesentlich beigetragen.
Eine grundsätzliche Änderung des Tiroler Schützenwesens trat mit der Rückkehr Tirols nach der bayerischen Besatzung (1805-1814) ein. Denn die Bayern hatten die alte Tiroler Wehrverfassung abgeschafft und nach der Rückkehr zu Österreich dachte man auch hier nicht mehr daran, die alte Tiroler Wehrverfassung wieder einzuführen. Die Schießstände und das Schützenwesen blieben aber bestehen, ohne dass dies eine gesetzliche Grundlage gehabt hätte. Zwar wollte der Tiroler Landtag im Jahre 1837, dass eine „Standschützenpflicht“ eingeführt wurde, d.h. dass jeder Wehrpflichtige einer Schützengesellschaft betreten hätte müssen, doch wurde dies von der Regierung in Wien abgelehnt. Stattdessen wurde 1839 staatlicherseits festgelegt, dass das Tiroler Schießstandswesen „aller militärischer Organisation und allem Zwang fremd bleiben und als ein volkstümliches Institut einfach die Elemente der Landesverteidigung vorbereiten“ sollte. Die 1845 erlassene neue Schießstandsordnung legte fest, dass das „Schießstandswesen als ein gemeinnütziges, volkstümliches Institut“ zu betrachten sei und „unter dem Schutz der Staatsgewalt stehen solle“. Auch die 1874 erneuerte Schießstandordnung betonte, dass die Schützengesellschaften „ohne militärische Organisation die Elemente der Landesverteidigung im Allgemeinen vorbereiten und ausbilden und im Besonderen der Landsturmorganisation als Stütze dienen“ sollen.
Erst die Schießstandordnung von 1913 ging einen Schritt weiter, in dem sie die Mitglieder der Bezirks- und Gemeindeschießstände als „landsturmpflichtige Körperschaften“ bezeichnete, die im Kriegsfall bei Aufbietung des Landsturms als geschlossene Formation zur Verfügung der Heeresleitung stehen sollten. Dies erklärt sich aus der damaligen Gliederung des österreichisch-ungarischen Heeres. Es gab ein gemeinsames k.u.k. Heer, zu dem in Tirol vier Regimenter Kaiserjäger und ein Gebirgsartillerieregiment gehörten. Dann gab es in Österreich die Landwehr, zu der in Tirol zwei Regimenter Landesschützen (ab 1917 Kaiserschützen) und eine Division reitende Landesschützen gehörten. In Tirol gab es schließlich noch den Landsturm, dem alle tauglichen Männer im Alter von 19.42 Jahren angehörten. Diese Heeresgliederung bestand bis zum Ende des ersten Weltkrieges.
In Tirol gab es den Landeshauptschießstand in Innsbruck, acht Hauptschießstände, die Bezirksschießstände und die Gemeindeschießstände. Der Bau und die Erhaltung war Aufgabe der Schützengesellschaften. Die Mitgliedschaft war freiwillig, wobei jedes Mitglied eine Mindestzahl an Schießübungen absolvieren musste. Seit 1895 brauchten sie deshalb nicht mehr an den Waffenübungen der Landwehr teilnehmen. Die Farben der Schützenfahnen waren grün-weiß, die Uniform bestand aus einem braunen Rock und Hut mit Adlerflaum. Das Gewehr trugen sie schief über die Achsel gelegt, den Kolben hoch nach rückwärts. Die Schützengesellschaften unterschieden sich grundsätzlich von den Schützenkompanien, die im 19. Jahrhundert als „Paradeschützen“ bezeichnet wurden.
Das Ende des ersten Weltkriegs bedeutete vorerst auch das Ende für die Absamer Schützengesellschaft. Die ehemaligen Standschützen, die zuletzt Teil des Landsturms waren, hatten nach 1918 ihre militärische Bedeutung völlig verloren. Sie entwickelten sich immer mehr in die Richtung der heutigen Sportschützen. Deshalb ist es verständlich, dass es erst im Jahre 1926 unter dem Oberschützenmeister Konrad Rödlach zur Wiederbelebung der Schützengesellschaft unter dem geänderten Namen „Schützengilde“ kam.
Quelle: Absamer Gemeindebuch, Text: Manfred Schafferer, Bilder: Gemeindearchiv Absam